Kapitel 1 - Die Geschichte der Comtoise-Uhr
Kapitel 2 - Die vielen Gesichter der Comtoise-Uhr
Kapitel 3 - Variantenvielfalt der Pendel von Comtoise-Uhren
Kapitel 4 - Die Aufsätze der Comtoise-Uhr
Kapitel 5 - Der Bart der Comtoise-Uhr
Kapitel 6 - Verzierungen am Gehäuse der Comtoise-Uhr
Kapitel 7 - Aufschriften außerhalb des Zifferblattes
Kapitel 8 - Die geprägten Zifferblattumrandungen aus Messingblech
Kapitel 9 - Die ikonographischen Motive der Comtoise-Uhr
Kapitel 10 - Die politischen Aussagen der Comtoise-Uhr
Kapitel 11 - Freimaurersymbole auf der Comtoise-Uhr
Kapitel 12 - Das Werk
Kapitel 13 - Zubehör
Kapitel 14 - Die Comtoise-Uhr im Umbruch
Kapitel 15 - Sonderkonstruktionen
Kapitel 16 - Maßnahmen zur Kostensenkung bei der Comtoise-Uhrenherstellung
Kapitel 17 - Der Konkurrenzkampf zwischen Schwarzwalduhren und Comtoise-Uhren
Kapitel 18 - Der Vertrieb von Comtoise-Uhren im In- und Ausland
Kapitel 19 - Republikanische Zeitrechnung
Kapitel 20 - Das Erhalten von Kulturgütern durch fachgerechte Restaurierung
Anhang - Zeitliche Einordnung der abgebildeten Comtoise-Uhren
zurück zur Übersicht
Vor dem Hintergrund der französischen Historie, beginnend im ausgehenden
17. Jh. in der Epoche Ludwig XIV. bis Anfang des 20. Jh. in der Zeit der
III. Republik, wird der Lebenszyklus dieser eisernen Großuhr aus dem
Französischen Jura in seiner vielfältigen Ausprägung auf 192 Seiten,
untermauert mit 232 Fotos, historischen Gemälden, Skizzen und Dokumenten,
sehr ansprechend und spannend beschrieben.
Über einen Zeitraum von 230 Jahren können in idealer
Weise technologische und technische Entwicklungen in
der Material-Bearbeitung sowie arbeits-organisatorische
Veränderungen von der manuellen Einzelfertigung bis
zur industriellen Serienproduktion nach dem Prinzip der
Arbeitsteilung und Arbeitszerlegung an der Comtoise-Uhr
aufgezeigt werden. Stetig steigende Absatzzahlen finden
ihren Niederschlag in einer Ausweitung des Vertriebs-Gebietes,
ausgehend von der Region der Franche-Comté
über den Inlandsmarkt bis hin zum Export in ferne Länder.
Ausgangspunkt für die außerordentliche Kreativität der
Uhrmacher war jedoch die Not der Bevölkerung auf den
unwirtlichen Höhen des Französischen Juras. Die Bauern
rangen den kargen Böden spärliche Erträge ab. Nur etwa
2/3 der benötigten Nahrungsmittel konnten selbst erzeugt
werden. Umso wichtiger war es, als Bauern-Uhrmacher
dazuzuverdienen, um den Lebensunterhalt für die Familien
zu bestreiten. Eine Fülle von Informationen gibt Einblick in
die Lebensumstände der Bevölkerung und zeigt die gesellschaftlichen
Veränderungen über zwei Jahrhunderte. Aus
Leibeignen wurden qualifizierte Arbeiter in der Uhrenindustrie.
Die Uhrenherstellung initiierte neue Geschäftsfelder,
so wurde die Region um die Gemeinden Morez
und Morbier im 19. Jh. zu einem Zentrum der Email- und
Brillenindustrie. Verdeutlicht wird der Einfluß der Uhrenfertigung
auf die Mechanisierung und letztlich auf die
Industrialisierung des Landes.
Berühmte Uhrmacherfamilien in der Franche-Comté
(z.B. Mayet, Cattin, Jannin, Jobez, Odobey) bildeten die
Keimzellen des technischen und wirtschaftlichen Aufschwungs.
Sie waren durch Heirat eng verflochten und
ließen sich durch die berühmtesten Uhrmacher jener Zeit, z.B. Antide Janvier,
gerne von sinnvollen technischen Neuerungen überzeugen.
Sie waren in der Lage, der weniger wohlhabenden Landbevölkerung
robuste und zuverlässige Zeitmesser zu günstigen
Preisen anzubieten und brachten damit erstmals „die
Zeit“ in die Häuser. Sie zeigten aber auch ihre Fähigkeiten
im Bau von federangetriebenen Capucine-Uhren und hochkomplexen
bewegten Himmelsgloben.
Die Comtoise-Uhr kann als „politische Uhr“ bezeichnet
werden, denn kein anderer Zeitmesser hat über 230 Jahre
die jeweilige politische Situation und die politischen Veränderungen
in Frankreich so anschaulich dokumentiert.
An der äußeren Gestaltung der Comtoise-Uhr sind deutlich
die epochalen Umwälzungen in Frankreich von der absolutistischen
Monarchie der Bourbonenkönige über den
Freiheitskampf während der Französischen Revolution zum
Direktorium, der Konsulatsregierung bis zum Kaiserreich
Napoleon I. und über die Restauration bis zur III. Republik
abzulesen.
Womit ließe sich die Geschichte Frankreichs in diesen
entscheidenden zwei Jahrhunderten besser erklären als
anhand von Comtoise-Uhren?
Von etwa 1680 bis 1913 wurden Comtoise-Uhren hergestellt.
Das Uhrwerk wurde trotz dieser extrem langen Fertigungsperiode
kaum verändert. Berühmt ist die Comtoise-Uhr
jedoch wegen der enormen Vielfalt ihrer äußeren Gestaltung.
Die besonders auffälligen typischen Merkmale des
Designs sind der Aufsatz aus gesägtem Messingblech oder
aus Messingguß und später die Zifferblattumrandung aus
geprägtem Messingblech. Die Zifferblätter entwickelten
sich vom Zahlenreif zu den Emailkartuschen, danach wurden
Emailzifferblätter verwendet.
Diese sehr grobe Darstellung der Veränderungen des äußeren
Erscheinungsbildes der Comtoise-Uhr wird der außergewöhnlichen
Kreativität ihrer Designer nicht gerecht, die
immer wieder versucht haben, neue Ideen am Uhrenäußeren
zu verwirklichen, um mit einer zeitgemäßen Produktgestaltung
den Kaufanreiz in einem hart umkämpften
Markt zu erhöhen. Allein das Zifferblatt wurde in einer
so bemerkenswerten Vielfalt über den gesamten Herstellungszeitraum
verändert und manchmal sogar völlig neu gestaltet.
In diesem Kapitel wird auf 110 Seiten mit 143 Fotos zunächst
der allgemeine Entwicklungstrend in der Zifferblattgestaltung
aufgezeigt, anschließend werden Sonderform
und abweichende Varianten beschrieben.
Der Zahlenreif aus Zinn oder Messing wurde abgelöst
durch Kartuschen mit 12, 24 oder 25 Emailteilen. Daneben
gab es Zifferblätter mit 13 Emailteilen („treize pièces“) und
Fayence-Zifferblätter. Ab etwa 1750 drängten sich Emailzifferblätter
in Schüsselform, bombiert und letztlich flach
immer mehr in den Vordergrund. Experimentiert wurde
mit „Sonnenzifferblättern“ aus Email.
Die Farben der Ziffern auf den Emailzifferblättern konnten
schwarz, blau oder rot sein. Die normalerweise weißen
Emailzifferblätter waren in seltenen Fällen auch in blau
verfügbar und mit weißen Ziffern beschriftet.
Aus Gründen der Kostenersparnis wurden Zifferblätter
aus geprägtem Blech, Papier, weiß lackiertem Eisenblech,
Messing mit aufgesetzten Messing-Stundenziffern oder
gemalt auf Eisenblech oder Holz verwendet. Zifferblätter
aus Alabaster und aufgesetzten Emailkartuschen sollten
den Verkauf anregen.
Vielfältig ist die Beschriftung der Zifferblätter für die
Stunden, Minuten, Datumsanzeige, Wochentage, Monate,
Mondalter. Die römischen bzw. arabischen Stundenziffern
können zentriert oder vertikal verlaufen. Die Zifferblätter
wurden manchmal signiert, mit einer Jahreszahl versehen,
mit bunten Blumen, Szenen bzw. Stadtansichten bemalt
oder mit Sinnsprüchen aufgewertet.
Besonderheiten sind viereckige Zifferblätter oder Uhren,
deren Vorderseite einschließlich Aufsatz und Zifferblatt
vollständig aus Email sind. Im 18. Jh. konnte man auch
Comtoise-Uhren mit einer Vorderseite aus Messing erwerben.
Selten sind Zifferblätter aus Glas, aus 13 Zinnteilen
oder Uhren mit drei Zifferblättern.
Üblicherweise wurde auf Kupferblech, später in geringen
Mengen auf Eisenblech emailliert. Das hierfür benötigte
Roh-Email mußte bis zur Mitte des 19. Jh. importiert werden.
Auf 81 Seiten mit 162 Fotos und historischen Firmenprospekten
wird die Entwicklung der Pendel von Comtoise-
Uhren von einer rein funktionalen Form zu einer bemerkenswerten
Variantenvielfalt dokumentiert.
Pendel aus Drahtstücken und einer Pendelbirne aus Blei
wurden von 1680 bis etwa 1815 hergestellt.
Pendel, die aus Pendelstange und Pendellinse bestehen,
wurden ab etwa 1815 bis etwa 1870 gebaut. Die Pendellinsen
waren aus Messingblech, zunächst glatt, später mit
geprägten Motiven, wie Sonnenkopf, Blumen, Personen
oder mit buntem Farbdruck verziert.
Lyra- und Rostpendel fanden bei Comtoise-Uhren mit
Ankerhemmung von etwa 1845 bis 1913 Verwendung. Die
Verzierungen an Lyrapendeln wurden im Laufe der Zeit
immer aufwendiger und verschönerten neben der Lyra vor
allem die Pendellinse. Spiegel, bunt gestaltete Emailscheiben
und kolorierte Lithographien trafen den Zeitgeschmack.
Die klassischen Pendellinsen des Rostpendels aus glattem
Messingblech erfuhren eine optische Verbesserung durch
Pendelscheiben aus Email oder buntem bemalten Glas.
Ab etwa 1860 ist eine bemerkenswerte Variantenvielfalt an
geprägten Prachtpendeln zu finden. Nun war es möglich,
alle nur denkbaren Motive zu prägen, zu bemalen oder
Automaten, Thermometer bzw. Barometer anzubringen.
Sonderformen der Prachtpendel waren aus Email oder aus
Glas mit bunter Hinterglasmalerei.
Zur Regulierung der Comtoise-Uhren kamen verschiedene
Methoden der Längenverstellung der Pendel zum Einsatz.
Auch interessante Varianten der Pendelaufhängung sind
zu finden, wie auch umfangreiche Informationen über
Gebrauchsmusterschutz, Patentanmeldungen, Herstellerinitialen
und Jahreszahlen auf Pendeln sowie über die
Rationalisierungsbemühungen in der Pendelfertigung.
Von der Epoche Ludwig XIV. bis zur Restauration besticht
das Design der Comtoise-Uhr durch markante Bekrönungen.
Sie waren zunächst aus gesägtem Messingblech, dann aus
Zinn oder Messingguß. Dominiert wurden die Aufsätze aus
Messingguß durch die Darstellung von Sonne, Hahn, Adler
und in seltenen Fällen von Löwe, Ziegen oder Blumen. Ein
Medaillon wurde zur Propagandafläche für politische Symbole
wie drei bourbonische Lilien, verschiedene revolutionäre
Zeichen oder huldigte Napoleon I. mit einem Portrait.
Außergewöhnlich ist die Darstellung des Veteranenordens,
der Hinweis auf den St.-Jacobs-Pilgerweg durch Pilgerstab
und Pilgermütze, einer explodierenden Granate als Symbols
der Kaiserlichen Garde Napoleons oder die Abbildung
des Götterboten Hermes.
Auf 64 Seiten und mit 95 Fotos werden die Veränderungen in
der Gestaltung des Aufsatzes, ihre Symbolik und historischen
Details eindrucksvoll beschrieben. So erfährt der Leser,
daß der Hahn vom Künder des neuen Tages zum
Gallischen Hahn als Wahrzeichen und nationales Tiersymbol
der Franzosen mutierte und letztlich in das Staatssiegel
aufgenommen wurde.
Der Messinggußaufsatz dokumentiert sehr eindrucksvoll
die politischen Wirren und gesellschaftlichen Umwälzungen
jener Epochen. Doch der häufige und schnelle Systemwandel
konnte von manchen Zeitgenossen nur durch
Abfeilen der verhaßten bourbonischen Lilien aus der Zeit
des Absolutismus oder durch Abschlagen der Adlerjungen
an Aufsätzen aus dem
I. Empire aktualisiert werden. Allein
die Sonne im Aufsatz war ein unpolitisches Symbol und
blieb deshalb über 120 Jahre von Veränderungen verschont.
Das Messingguß-Gegenstück zum Aufsatz der Comtoise-
Uhr nennt man Bart oder Unterbekrönung. Uhren mit Bart
sind sehr selten.
Bei frühen Uhren wurden in den Medaillons der Messingguß-Unterbekrönungen
die Namen der Uhrmacher eingraviert oder Emailkartuschen mit Signaturen eingesetzt.
In späteren Epochen wurden zeittypische Symbole angebracht.
Nur die Gehäuse der Comtoise-Uhren mit Aufsätzen aus
gesägtem Messingblech oder aus Messingguß können
Verzierungen in den unteren und oberen Ecken des Tragebleches
besitzen. Diese sind üblicherweise aus Messingblech,
selten aus Zinn oder Email. Außergewöhnlich sind
Ornamente mit Engelsköpfen oder Engel aus Messingguß.
Eine Rarität ist die ganzheitlich gestaltete Verzierung des
sichtbaren Tragebleches der Gehäusevorderseite. Sind
Aufzuglochverkleidungen vorhanden, können diese auch
verziert sein.
Die Verzierung der Seitentüren und der Gehäuse-Rückwände
ergab sich ausschließlich aus fertigungstechnischen Überlegungen.
Damit wurde die notwendige Biegesteifigkeit des
ab etwa 1830 verwendeten dünnen Eisenbleches erreicht.
Auf 12 Seiten sind mit 25 Fotos Beispiele von möglichen
Verzierungen dargestellt.
Aufschriften kommen an Comtoise-Uhren relativ häufig
vor. Im 18. Jh. sind es die Namen und die Orte der Uhrmacher
oder von großen Uhrenhändlern. Im 19. Jh. überwiegen
die Namen und die Orte von Uhrenkäufern oder
von Uhrenhändlern. Es kommen auch Bibelsprüche oder
lateinische Sprüche vor, selten sind Jahreszahlen genannt.
Auf 14 Seiten und mit 21 Fotos werden die möglichen Stellen
an der Comtoise-Uhr aufgezeigt, an denen die verschiedenen
Aufschriften angebracht wurden und welche lateinischen
Sprüche oder Motivbezeichnungen zu finden sind.
Ab etwa 1815 wurden erstmals geprägte Zifferblattumrandungen
aus Messingblech an Comtoise-Uhren angebracht.
Damit war es möglich, eine den Zeitgeschmack treffende
hohe Motiv-Vielfalt kostengünstig in großen Stückzahlen
herzustellen. Die weniger wohlhabende Landbevölkerung
konnte sich nun Uhren leisten und der Siegeszug der
Comtoise-Uhr setzte sich bis zur Jahrhundertwende unaufhaltsam
fort.
Systematisch geordnet werden auf 139 Seiten mit 207 Fotos
bekannte wie auch sehr seltene Prägemotive gezeigt von
ihren Anfängen als zweiteilige Zifferblattumrandung mit
dominierendem Sonnenkopf oder Palmette bis zu den
figürlichen Darstellungen von Szenen mit Personen, Erholung
nach der Arbeit, Weinlese und Wein, Paare, Leben in
der Familie, Jagd und Wild, Seefahrt, patriotische Motive,
Allegorien und Mythologie, religiöse Motive, erotische Motive,
Vögel, Ornamenten, Blumen und Pflanzen, ikonographische
Motive, Insekten. Desweiteren sind die verschiedenen
Formen der Umran-dungen aufgeführt, von der Lünette bis
oval oder rechteckig geprägt.
Umfangreiche Informationen geben einen Einblick in die
Symbolik der
Motive, ihren historischen oder auch mythologischen
Bezug.
Einmalig ist die Veröffentlichung von historischen Fertigungsunterlagen
aus der Prägewerkstatt Paget - von der
kolorierten Originalzeichnung eines Prägemotives über
diverse originale Gipsmodelle des Prägestempels bis zu
den verkaufsfähigen Prägeteilen. Erstmals konnte auch
eine Hebelpresse aus dem Jahr 1855 abgebildet werden.
Der komplexe Prägevorgang wird detailliert und sehr anschaulich
beschrieben.
Auf 13 Seiten werden mit 20 Abbildungen die drei berühmten
Comtoise-Uhren mit ihren ikonographischen Motiven
der
I., II. und III. Republik im Detail beschrieben.
Bildliche Darstellungen hatten einen wesentlichen Anteil
an der emotionalen Mobilisierung, Politisierung und Bewußtseinsprägung
gerade auch des „kleinen Mannes auf
der Straße“ und damit an der Entwicklung einer revolutionären
Massenbewegung überhaupt. Wesentlich waren
dabei die allegorische Deutung und die grundsätzliche Problematisierung
politisch-sozialer Zeitfragen insbesondere
auch in Symbolen.
Für die revolutionäre Zeichendidaktik waren daher auch
Comtoise-Uhren ein geeignetes Medium, weil sie zeitbeständig
und in geschlossenen Räumen aufgehängt waren
und die Menschen bei jedem Ablesen der Uhrzeit die revolutionären
Symbole im Blick hatten. So konnten immer
wieder auch die Ziele der Revolution verinnerlicht werden.
Mit umfangreichen historischen Informationen über den
Ursprung und das Ziel der politischen Ikonographie wird
in diesem Kapitel verdeutlicht, daß die Comtoise-Uhrmacher
die Symbol- und Zeichensprache der Französischen
Revolution in ihrem Messinggußaufsatz mit dem Motiv
„I. Republik“ umsetzten. Als ein Beispiel von agitatorischen
und anklagenden Darstellungen der politischen Ikonographie
werden Adel und Klerus als Greise (dem Lebensende
nahe) dargestellt. Sie haben Schlangen (das Laster) in den
Händen und werden von Spießen der Revolution (Freiheitsmütze
auf Spießen), die auf ihre Köpfe gerichtet sind,
niedergedrückt und vernichtet.
Die Comtoise-Uhr ist eine „politische Uhr“. Der Bezug zum
politischen Geschehen während zwei Jahrhunderte ist an
ihr über angebrachte Symbole und bildliche Darstellungen
sehr ausgeprägt. Er reicht vom schmückenden Beiwerk im
Medaillon des Aufsatzes bis zur dominierenden politischen
Aussage im Messinggußaufsatz oder auf der geprägten
Zifferblattumrandung.
Auf 99 Seiten mit 126 Fotos taucht der Leser tief in die französische
Geschichte ein und erleb t die sehr anschaulich
geschilderte politisch bewegte Zeit von der Epochen Ludwig
XV. bis zur III. Republik. Es wird deutlich, die Comtoise-Uhr
ist ein Spiegelbild der Geschichte Frankreichs und untrennbar
mit ihr verbunden.
Die Symbole der Epoche der absoluten Monarchie sind drei
bourbonische Lilien, königliche Machtsymbole sowie die
Portraits Ludwig XV. Eine Vielzahl von revolutionären Symbolen
kennzeichnet die Zeit der Französischen Revolution
und die drei Grundsätze der I. Republik werden visualisiert.
Die wechselvolle unsichere Politik des Directoire hinterläßt
als Spuren dieser Epoche vielsagende leere Medaillons an
den Messinggußaufsätzen der Uhren. In der Zeit des Konsulats
und des I. Empire sehen wir Napoleons Adler in verschiedenen Ausprägungen, aber auch Portraits im Medaillon
und auf den Zifferblättern huldigen den Kaiser der
Franzosen. Während der Restauration kommen die drei
bourbonischen Lilien wieder zu Ehren und nach der Nachricht
vom Tod Napoleons wird der kleine Korse in aufrechter
Gestalt auf Zifferblatt-Umrandungen geprägt und auf
Zifferblättern als Gemälde dargestellt. Die Juli-Revolution
von 1830 und die Ausrufung der II. Republik am 25. Februar
1848 kann an der Comtoise-Uhr nachvollzogen werden. Die Eroberung des Malakow-Turms im Krimkrieg zur Zeit von Napoleon III. veranschaulicht das eindrucksvolle Motiv einer Zifferblattumrandung. An der Proklamation der III. Republik
und an deren herausragende Politiker wird mit einem
Motiv und mit Portraits erinnert. Dem Elsaß ist nach dem
verlorenen deutsch-französischen Krieg eine Uhr gewidmet
und das geprägte Motiv zum Tonkin-Krieg in Indochina
ziert einen Prachtpendelautomaten.
Sensationell ist die Vielzahl von abgebildeten Comtoise-
Uhren in diesem Buch, die bisher noch nie öffentlich zu
sehen waren. Wer wußte zum Beispiel schon vom Veteranen-
Orden oder vom Symbol der Grenadiere der Kaiserlichen
Garde Napoleons an Comtoise-Uhren? Wer kennt
schon die Comtoise-Uhr, die dem Sieg Napoleons über die
österreichischen Truppen in Italien im Jahr 1797 gewidmet
war? Oder wer wußte schon, daß der Messinggußaufsatz
mit dem Löwen unter der Sonne aus der Epoche des Directoire
die Verteidiger der Burgundischen Pforte rühmt?
Allein dieses Kapitel mit den sehr anschaulich formulierten
Hintergrundinformationen sollte der Anlaß sein, sich mit
Comtoise-Uhren näher zu beschäftigen.
Die Freimaurerloge „Grand Orient de France“ gab sich eine
Verfassung, deren Prinzipien sich später in den Grundsätzen
der Französischen Revolution wiederfanden. 1775
schrieben die Freimaurer: „Das Gesetz ist der Ausdruck
des Willens der Allgemeinheit!“ Dieser Satz wurde in die
„Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte“ (Déclaration
des Droits de l’Homme et du Citoyen) aufgenommen und
mit Stolz sprachen die Freimaurer von den „Bürgern der
Freimaurer-Demokratie“.
Der Autor hat erstmals den engen Zusammenhang zwischen
den allgemein bekannten Freimaurersymbolen
und den im 18. Jh. an den Comtoise-Uhren angebrachten
Symbolen hergestellt und erläutert auf 17 Seiten und
mit 16 Fotos sehr überzeugend den Einfluß der Freimaurer auf
die Politik in Frankreich vor allem vor und während der
Französischen Revolution.
Auf 119 Seiten und mit 168 sehr detaillierten Werkfotos
werden alle mechanischen Funktionen von Comtoise-Uhren
eingehend erläutert und Besonderheiten hervorgehoben.
Sieben Hemmungsarten wurden bei der Comtoise-Uhr angewendet.
Zur Bildung von Gangreserve kam es zu außergewöhnlichen
Konstruktionen. Beim Zeigerwerk kommen
drei verschieden Varianten vor. Das Schlagwerk bediente
bis zu sechs Glocken und das hohe technische Können der
Comtoise-Uhrmacher erschließt sich gerade in der Konstruktionsvielfalt
der Schlagwerke. Teilweise wurden sehr
unkonventionelle Wege beschritten.
Comtoise-Uhren konnten mit Warnschlag oder mit einstellbarer
Stunden-Schlagfolge ausgestattet sein. - Zur Schlagabstellung
wurden diverse Methoden angewandt. - Der Windfang
ist üblicherweise horizontal zwischen zwei Platinen gelagert.
Doch in Ausnahmefällen ist die Achse des Windrades
mit einem Schneckengetriebe versehen und vertikal in einer
Platine angeordnet. – Beim Weckwerk und bei den Kalenderanzeigen
waren verschieden Konstruktionen möglich.
Sehr hilfreich ist die Darstellung der Schlagwerksfunktion
mittels 3D-CAD-Zeichnungen. So wird der Schlagablauf in
35 Schritten optisch untermauert und eingehend erläutert.
Jeder detailversessene Uhrenfreund kann in diesem Kapitel
seinen Wissensdurst befriedigen.
Auf 10 Seiten wird mit 25 Fotos das Comtoise-Uhrenzubehör
- Zeiger, Glocken, Gewichte und Kurbelschlüssel -
zeitlich eingeordnet und beschrieben.
11 signierte Glocken verweisen auf Glockengießereien
u. a. in Le Puy-en-Velay, Ròdes, Le Grand-Bornand
und in Carouge in der heutigen Schweiz.
Die extrem lange Fertigungsdauer ermöglicht bei der
Comtoise-Uhr eine umfassende Betrachtung der technischen
Entwicklung. Diese wurde beeinflußt von technologischen
Erfindungen, veränderten Fertigungseinrichtungen,
-methoden und –möglichkeiten, durch den Wandel im
Zeitgeist und durch die Bedürfnisse der Käufer, wie auch
durch die Größe der Fertigungslose, ausgelöst durch die
steigende Nachfrage am Markt.
Auf 19 Seiten wird mit 20 Fotos analysiert, wie sich diese
Großuhr im Verlauf von 230 Jahren technisch und im Design
veränderte. Es wird dabei auch der Frage nachgegangen,
ob es zu einem grundsätzlichen technischen Wandel
an der Comtoise-Uhr kam oder ob es sich letztlich nur
um zeitgemäße Anpassungen an den aktuellen Stand der
Technik handelte.
Auf 201 Seiten und mit 263 Fotos
werden spektakuläre Comtoise-Uhren
präsentiert, von denen die meisten noch nie öffentlich zu
sehen waren. Wer bisher davon ausging, daß Comtoise-
Uhren nur einfache „Bauern-Uhren“ waren, wird mit
detailreich in Szene gesetzten technisch sehr komplexen
Werkskonstruktionen eines Besseren belehrt.
Comtoise-Uhren wurden in Normalausführung mit einem
Rauminhalt von 0,48 Liter bis 69,3 Liter hergestellt. Sie hatten
eine Laufdauer von einem Tag bis zu einem Monat.
- Es gab Laternenuhren, deren Hemmungen über der Deckplatte
angebracht waren - Regulatoren - Comtoise-Uhren
mit Carillon, Walzenspielwerk, Kuckucksruf, Zifferblattautomaten,
Nebenuhr im Pendel – doppelgesichtige
Comtoise-Uhren - verschiedene Konstruktionen von
Jacquemarts – Sonderkonstruktionen aus den Départements
Haute-Saône nd Haute-Marne – Comtoise-Wecker –
Comtoise-Uhren in Einfachausführung,
aber auch mit fünf
Werken – semi-elektrische Comtoise-Uhren –
Comtoise-
Tischuhren – eine Comtoise-Weltzeituhr –
und Comtoise-Uhren
mit einzigartigen Schlagwerkskonstruktionen.
Wohl kein Leser kann sich der Faszination dieses Kapitels
entziehen.
Um die Wettbewerbsfähigkeit am hart umkämpften Markt
zu erhalten, waren die Comtoise-Uhrmacher permanent
gefordert, ihre Produktionskosten zu reduzieren.
Auf 13 Seiten und mit 17 Fotos werden fünf Maßnahmen
anhand von Beispielen erläutert, die zur Produktionskostenreduzierung
führten: Arbeitsteilung, Zerlegung der Arbeitsprozesse
in einzelne Arbeitsschritte, Standardisierung,
technischer Fortschritt und Mehrfachverwendungsteile.
Comtoise-Uhren und Schwarzwalduhren zielten auf denselben
Kundenkreis, die Landbevölkerung. Die Schwarzwälder
Uhrmacher bearbeiteten sehr intensiv den französischen
Markt mit ihren billigeren Uhren. So war es unumgänglich,
daß man sich gegenseitig beobachtete und im
direkten Wettbewerb zueinander stand.
Auf 27 Seiten, untermauert mit 36 Fotos, wird von den
Klagen der Uhrmacher aus dem Schwarzwald und aus dem
Französischen Jura über die gegenseitige scharfe Konkurrenz
berichtet, von ihrem Aufeinandertreffen auf Messen
in Frankreich und Großbritannien, von den genauen Produktanalysen
und den daraus abgeleiteten Empfehlungen
der Schwarzwälder, es den Comtoise-Uhrmachern gleich
zu tun und die Fertigungsorganisation auch auf Arbeitsteilung
und Arbeitszerlegung umzustellen. Die Comtoise-
Uhrmacher beschweren sich über die
Exporthemmnisse
nach Deutschland und den freizügigen Import der
Schwarzwalduhren nach Frankreich.
Beide Wettbewerberkopierten jedoch ohne Skrupel jeweils
gute Ideen des anderen. Dagegen wurden patentrechtliche
Schutzmaßnahmen ergriffen, die jedoch von den Schwarzwäldern
oft rigoros mißachtet wurden.
Dieses Kapitel ist für Sammler von Schwarzwalduhren oder
von Comtoise-Uhren gleichermaßen lesenswert.
Die Vermarktungsmethoden für Comtoise-Uhren änderten
sich im Laufe der Jahrhunderte. Zu Beginn der Fertigung
wurden die wenigen individuellen Einzelstücke als Auftragsfertigung
allein von einem Uhrmacher, der üblicherweise
dem Schmiedehandwerk entstammte, gebaut und
in der umliegenden Region direkt durch den Uhrmacher
selbst oder über Hausierer verkauft. Mit steigenden Absatzzahlen
verlagerten sich die Aktivitäten auf Händler. Diese
bereisten das Land, verkauften mitgeführte Uhren und
nahmen auch Bestellungen entgegen. Im Zenit der Jahresproduktion
von etwa 80.000 Comtoise-Uhren in der zweiten
Hälfte des 19. Jahrhunderts war das Vertriebssystem durchorganisiert.
Zwischenhändler waren den Uhrenherstellern
nachgeschaltet und sie vertrieben an Uhrengeschäfte im
ganzen Land.
Bemerkenswert ist, daß Comtoise-Uhrmacher auch die Vertriebswege
der Schwarzwälder Uhrenhändler in Frankreich
nutzten. Mit historischen Aufzeichnungen und mit Fotos
von gleichen Zifferblattaufschriften an Schwarzwalduhren
und an Comtoise-Uhren wird bewiesen, daß beide
Uhrentypen
gleichzeitig im Verkaufssortiment geführt wurden.
Sensationell ist dagegen eine Comtoise-Uhr aus der Epoche
der Restauration – um 1825 -, die nach Breslau in das damalige
Gebiet Deutschlands verkauft wurde. Neben ihren
technischen Besonderheiten macht vor allem der spannende
historische Hintergrund diese Uhr berühmt.
Der Leser erhält auf 35 Seiten mit 40 Fotos umfassende
und zum Teil bisher unbekannte Informationen über die
Vertriebswege der Comtoise-Uhr.
Die republikanische Zeitrechnung war nach den Vorstellungen
ihrer Schöpfer „eine von den tauglichsten Anstalten,
die Königs-, Adels- und Priester-Herrschaft bis auf ihre
letzten Spuren vergessen zu machen.“ Damit war der Revolutionskalender
im Zuge der Umwälzung der politischen,
ökonomischen, sozialen und kulturellen Verhältnisse einer
der bedeutendsten Maßnahmen zur Entchristianisierung
überhaupt.
Auf 8 Seiten werden mit 9 Fotos die historischen Hintergründe
aufgezeigt, die zur republikanischen Zeitrechnung
führten und ihre Details werden eingehend erläutert.
Das Erhalten unseres kulturellen Erbes für die Nachwelt ist
eine wichtige Verpflichtung der Menschheit. Neben dem
Sammeln von Kulturgütern ist deshalb deren Restaurieren
und Konservieren eine notwendige verantwortungsvolle
Aufgabe.
Auf 12 Seiten werden mit 29 Fotos Beispiele erfolgreicher
Restaurierung gezeigt. Uhren und Uhrenteile im desolaten
Fundzustand werden den perfekt restaurierten Teilen nach
fachgerechter Behandlung gegenübergestellt. Dem Leser
wird mit diesen beindruckenden Bildern die herausragende
Leistung der Restauratoren vor Augen geführt
Die in den 4 Bänden beschriebenen 589 Comtoise-Uhren werden in einer beeindruckendenFoto-Galerie zeitlich eingeordnet wiedergegeben.Der Sammler hat damit ein wichtiges Hilfsmittel zur Altersbestimmung seiner eigenen Comtoise-Uhren in der Hand und kann sich aufgrund der Querverweise in die Detailbeschreibungen im Buch vertiefen.
Der Anhang wird ergänzt mit einem „Stichwortverzeichnis“,einem „Orts- und Uhrmacherverzeichnis der Comtoise-Uhrenherstellung“ sowie einem „Literaturverzeichnis“.